| von Bruno Mehlhorn

Die erfolgreiche Anwendung von OKR im agilen Unternehmensumfeld

Einleitung

In der Schnelllebigkeit der heutigen Geschäftswelt sind Unternehmen immer deutlicher auf der Suche nach effektiven Methoden, die es ihnen ermöglichen, flexibel auf Marktveränderungen und neue Herausforderungen zu reagieren und dabei gleichzeitig ihre strategischen Ziele zu verfolgen und strategisches Mitwirken der Mitarbeiter:innen zu bewirken.

Agile Methoden haben sich in den letzten Jahren als wirksame Strategie erwiesen, um Unternehmen flexibler und anpassungsfähiger zu machen weshalb z.B. im Softwareentwicklungsumfeld agile Frameworks wie SCRUM oder Kanban häufig Anwendung finden, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Während diese Methoden hauptsächlich für die agile Organisation von Teams und Projekten verwendet werden, zielt die Einführung von Objectives and Key Results (OKR) auf Agilität im allgemeinen strategischen Unternehmenskontext ab und beschränkt sich in Bezug auf das Anwendungsgebiet nicht auf organisatorisch abgegrenzte Bereiche oder Abteilungen. Das OKR-Framework stellt somit ein leistungsstarkes Rahmenwerk zur Zielsetzung und auch Leistungsmessung dar, dass Unternehmen dabei unterstützen kann sowohl einzelne strategische Unternehmensziele umzusetzen als auch den Weg zur Entwicklung einer agilen Unternehmenskultur zu ebnen.

Im Fokus dieses Artikels soll jedoch nicht OKR als Tool zur Leistungsmessung stehen, sondern die konkrete Nutzung des Frameworks bei der Woodmark Consulting AG (WMC) als Agile Methode, um strategische Mitarbeit und vor allem strategisches Mitdenken und Ideeneinbringung der Mitarbeiter:innen zu fördern. Das Ziel ist es dabei Inspiration für eine Implementierung von OKR in Unternehmen zu geben sowie die Vorteile einer Umsetzung speziell für strategische Befähigung aufzuzeigen und so Agilität im Unternehmen zu begünstigen.

Was sind OKR?

OKR steht für Objectives and Key Results und fungiert als Framework zur Definition und Messung von Zielen und Ergebnissen. Ursprünglich in den 1970er Jahren von einem Intel-Mitarbeiter namens Andy Grove entwickelt, wurde diese Methode später von Google adaptiert und maßgeblich in die Unternehmenskultur integriert. Ein Ziel von OKR ist es, Mitarbeiter:innen auf strategische Ziele auszurichten und ihnen klare und messbare Ergebnisse zu bieten, anhand derer sie ihren Fortschritt verfolgen können. Da OKR selbst ein lean Framework vorgibt, lässt es sich individuell an den Unternehmenskontext anpassen und den spezifischen Anforderungen entsprechend implementieren. So kann OKR auch, wie bei der WMC als Kommunikationsvehicle für strategische Unternehmensziele eingesetzt werden, das Mitarbeiter:innen befähigt aktiv an der Lösungsansatzfindung und der Umsetzung dieser Ziele mitzugestalten. Trotz sehr flexibler Anwendungsmöglichkeiten gibt es einige Eckpfeiler und Schritte, die zur erfolgreichen Umsetzung des Frameworks befolgt werden sollten. Zunächst ist festzustellen, dass OKR aus zwei Hauptkomponenten besteht:

  • Objectives (Ziele): Dies sind klare und inspirierende Ziele, die eine Organisation oder ein Team erreichen möchte. Die Objectives sollen eine klare Richtung und Orientierung für die Arbeit bieten, aber auch ambitioniert gesteckt sein und zur Veränderung und zum Umdenken motivieren.
  • Key Results (Schlüsselergebnisse): Die Key Results sind messbare Ergebnisse, die den Fortschritt auf dem Weg zur Verwirklichung des Objectives verdeutlichen. Sie sind besonders hilfreich, um potenzielle Hypothesen zur Erreichung der Objectives zu testen und zu quantifizieren. Dabei können mehrere Key Results mit unterschiedlichen Metriken für ein Objective gewählt werden, um den Fortschritt messbar zu machen und zu verfolgen.

OKR bei der WMC

OKR als Dosentelefon der Unternehmensstrategie

Bevor OKR formuliert werden, ist es entscheidend, die langfristige Unternehmensstrategie zu verstehen und die Objectives auf diese abzustimmen. Die Unternehmensvision „We make the world better with data” der WMC bildet somit die Grundlage für alle strategischen OKR. Diese enge Vernetzung von Vision und OKR hilft zum einen dabei sicherzustellen, dass die Objectives in die richtige Richtung weisen, aber ist auch essenziell für die Kommunikation der Unternehmensstrategie an die Mitarbeiter:innen. Gleichermaßen ist es für eine Identifikation der Mitarbeiter:innen mit der Unternehmensvision wichtig, diese auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen abzustimmen. Aus diesem Grund haben die Mitarbeiter:innen der WMC die Möglichkeit Input in Form von Ideeneinreichungen und Vorschlägen zur Strategie zu geben, die nachfolgend innerhalb eines Strategiemeetings jährlich festgelegt wird. Mittelfristig werden die Ziele als jährliche Moals (Mid-term Goals) bekannt gegeben, die die strategische Richtung für das kommende Jahr vorgeben. Aus diesen Moals werden wiederrum Company Objectives abgeleitet und kommuniziert, welche die kurzfristige strategische Basis für die nächsten 4 Monate bilden. Die Unternehmensstrategie wird somit bei WMC auf bis zu drei Objectives heruntergebrochen, die alle der langfristigen Vision folgen.

Think Big

Die Ziele sollten anspruchsvoll und visionär sein sowie motivierend formuliert werden. Absicht der WMC ist es Motivation zu schaffen, den Lösungsraum möglichst groß zu halten, um so neue Ansätze zur Zielerreichung zu berücksichtigen und dazu einzuladen neue Wege zu gehen. Wenn die Objectives einfach und klar zu erreichen sind, ist das ein Indikator dafür, dass es sich um Business-As-Usual handelt. OKR will mehr und kann mehr. Die Erreichbarkeit steht deshalb bei der Zielsetzung im Gegensatz zu anderen objective-based Management Methoden nicht im Vordergrund, um das Über-sich-hinauswachsen zu fördern.

Deswegen ist es für die Formulierung der Key Results umso wichtiger Ergebnisse zu formulieren, die tatsächlich Aufschluss über die Zielerreichung geben. Key Results können dabei den Output, Outcome oder Input wiedergeben, der für die Erreichung des Ziels geleistet wurde.

Ist das Objective beispielsweise das führende Softwareunternehmen in Bayern zu werden, so könnten die dazugehörigen Key Results wie folgt aussehen:

  • 10 neue Softwareprodukte bis Ende des Jahres ins Portfolio integrieren (Input)
  • Den Halbjahresumsatz um 20% steigern (Output)
  • Im Ranking der besten Softwareunternehmen von den Top 10 in die Top 5 aufsteigen (Outcome)

Zur regelmäßigen Überprüfung der Ergebnisse ist vor allem die Wahl der richtigen Metrik zur Messung des Fortschritts entscheidend. Hierbei sollte von einer binären Bewertung des Ziels abgesehen werden (z.B. das Büro in München ist eröffnet), sondern idealerweise eine regelmäßige Überprüfung (Umsatzsteigerungen täglich verfolgen) zurückgegriffen werden.

Austausch aller Ebenen

OKR sollten auf allen Ebenen des Unternehmens definiert werden, von der Unternehmensleitung bis hin zu einzelnen Teams und Mitarbeiter:innen. Dies gewährleistet eine umfassende Ausrichtung des ganzen Unternehmens auf die Unternehmensvision. WMC bietet Mitarbeiter:innen die Möglichkeit zur aktiven Mitgestaltung durch den Einsatz von selbstorganisierten OKR-Teams. Für ein typisches Team-Objective können sich Mitarbeiter:innen freiwillig zusammenfinden und gemeinsam Key Results für das Objective erarbeiten und sich auf diese festlegen. Sobald die Key Results festgelegt sind, comittet sich das Team zur Mitarbeit und zum Engagement für einen Zyklus, der 4 Monate umfasst. Dabei dienen die Team-Objectives top-down zur Kommunikation der Strategie und die Key Results als Spiegel der Mitarbeiter:innen bottom-up, wie die Strategie verstanden wird und umgesetzt werden kann.

Change is the only Constant

OKRs sollten regelmäßig überarbeitet und angepasst werden, um sicherzustellen, dass sie immer noch relevant sind und den aktuellen Anforderungen und strategischen Ausrichtung entsprechen. Dies erreicht WMC durch den zyklischen Einsatz von OKR-Teams. Die Objectives werden jeweils für die kommenden 4 Monate erarbeitet und festgelegt. Anschließend arbeiten die OKR-Teams in diesem Zeithorizont an der Erreichung des Objectives und spiegeln ihren Fortschritt anhand der selbst festgelegten Key Results. Am Ende des Zyklus erfolgt eine Überprüfung und Präsentation der Ergebnisse.

Never stop learning, never stop growing

Schulungen und Unterstützung sind entscheidend, um sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter:innen die Konzepte und Methoden von OKR verstehen und effektiv anwenden können. Neue Mitarbeiter:innen werden Beim Onboarding und vor dem Start des nächsten Cycles geschult und auch die Unternehmenswerte vermittelt.

OKR im Kontext der Agilität

Agilität ist ein Ansatz in der Unternehmensführung, der sich auf Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Kundenzufriedenheit konzentriert. Agile Unternehmen zeichnen sich durch schnelle Iterationen, offene Kommunikation und die Fähigkeit aus, sich an veränderte Anforderungen und Gegebenheiten anzupassen. OKR sind im agilen Umfeld sehr gut umsetzbar, da sie die agilen Prinzipien auf verschiedene Weisen ergänzen oder unterstützen:

Kontinuierliche Anpassung: Agile Organisationen sind darauf ausgerichtet, sich schnell an Veränderungen anzupassen. Besonders in der schnelllebigen IT- und Consulting-Branche ist eine ständige Anpassung and neue Gegebenheiten essenziell. Das OKR Framework bietet einen Plan-Do-Check-Adapt Cycle, der die Weiterentwicklung des Unternehmens kontinuierlich im Auge behält und übernimmt damit die fundamentale Aufgabe der Change-Kommunikation.

Transparenz und Austausch: OKR schaffen Transparenz darüber, welche Ziele verfolgt werden, und fördern die den Austausch und die Ausrichtung von Teams und Mitarbeiter:innen auf gemeinsame strategische Ziele durch Alignement.

Messbare Ergebnisse: Die Verwendung von messbaren Key Results ermöglicht es, den Fortschritt objektiv zu bewerten und sicherzustellen, dass Ziele erreicht werden. Key Results werden somit auch zu einem Feedback Loop der strategischen Kommunikation.

Kultur der kontinuierlichen Verbesserung: Agile Organisationen akzeptieren, dass Fehler unvermeidlich sind, und fördern eine Kultur des Lernens. OKR ermutigen dazu, mutige Ziele zu setzen und aus Fehlern zu lernen, was zur kontinuierlichen Verbesserung beiträgt.

Motivation und Engagement: Die Festlegung inspirierender Ziele motiviert Mitarbeiter:innen und steigert ihr Engagement sich an der Zielerreichung zu beteiligen. Durch die Autonomie bei der Formulierung der Key Results, haben Mitarbeiter:innen jeder Unternehmensebene die Möglichkeit strategisch an der Unternehmensstrategie mitzuwirken und diese selbst zu beeinflussen.

Herausforderungen bei der Anwendung von OKR im agilen Umfeld

Obwohl OKR viele Vorteile bieten, sind auch Herausforderungen zu bewältigen, um OKR erfolgreich einführen zu können. Eine Herausforderung, die sich Unternehmen insbesondere bei der frühen Implementierung von OKR offenbart, ist das richtige Maß von Autonomie und Overhead bei der Mitgestaltung der OKR, sowie die Notwendigkeit einer sorgfältigen Überwachung und Anpassung der OKR, um sicherzustellen, dass sie effektiv bleiben und noch auf die Unternehmensziele ausgerichtet sind. Außerdem kann es anfangs schwierig sein, OKRs zu formulieren, die effektiv und prägnant, aber auch genau und abgrenzbar sind. Es besteht auch die Gefahr, entweder zu ambitionierte Ziele zu setzen, die demotivierend wirken, wenn sie nicht erreicht werden, oder zu konservative Ziele, die keine echte Herausforderung darstellen. Abschließend ist anzumerken, dass die Implementierung von OKRs eine kulturelle Veränderung innerhalb der Organisation erfordert. Mitarbeiter:innen und Führungskräfte müssen die Vorteile verstehen, die Methodik akzeptieren und lernen mit der Autonomie und der Befähigung echten Mehrwehrt zu schaffen, um strategische Mitarbeit aller Ebenen zu bewirken.

Fazit

Die erfolgreiche Anwendung von OKRs im agilen Unternehmensumfeld zeigt, dass dieses Framework mehr als nur ein Instrument zur Zielsetzung und Leistungsmessung ist. Bei der Woodmark Consulting AG dienen OKRs vor allem auch als Kommunikationsmittel für die Unternehmensstrategie und fördern Agilität im Unternehmen. Die enge Verknüpfung der Unternehmensvision mit klar definierten Objectives und Key Results ermöglicht eine transparente Kommunikation strategischer Ziele auf allen Ebenen. Mitarbeiter:innen bei WMC sind aktiv in die Definition und Umsetzung strategischer Ziele eingebunden, was zu höherem Engagement und stärkerer Identifikation mit der Unternehmensvision führt. Die regelmäßigen OKR-Zyklen von 4 Monaten erlauben eine kontinuierliche Anpassung an sich ändernde Bedingungen und neue Erkenntnisse. Diese zyklische Implementierung fördert die Agilität und hält die Unternehmensstrategie aktuell. Die Bildung von selbstbestimmten OKR-Teams und die Autonomie bei der Festlegung von Key Results schaffen eine Kultur der Mitgestaltung und des strategischen Mitdenkens. Dieses Vorgehen unterstützt die agile Transformation und verbessert die Kommunikationsprozesse innerhalb des Unternehmens. Insgesamt zeigt WMC, wie OKR effektiv als Kommunikationsmittel genutzt werden können, um Transparenz, Motivation und strategisches Alignment bei den Mitarbeiter:innen zu fördern.

Quelle

[1] Bart Den Haak: Moving the Needle With Lean OKRs: Setting Objectives and Key Results to Reach Your Most Ambitious Goal, ISBN-13:‎ 978-1637421154

 

Teile diesen Artikel mit anderen

Über den Autor

Bruno Mehlhorn ist Consultant bei Woodmark Consulting AG. Er ist spezialisiert auf agiles Projektmanagement und Data Analytics im Reporting. Weiterhin ist er intern eng in den OKR-Prozess eingebunden und arbeitet als OKR Coach in agilen Teams an der strategischen Beteiligung der Mitarbeiter:innen. Bruno ist zertifizierter Advanced Scrum Master (SAFe) und Tableau Data Analyst und hat Erfahrung und Expertise im Finanzsektor, Einzelhandel und der Pharmaindustrie.

Zur Übersicht Blogbeiträge